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INTERSKI - Das große Fest der Schneesportlehrer

Ein halbes Jahr vor dem nächsten Interski-Kongress in Levi/Finnland, erinnern wir uns mit dem "Reisebericht" von Martin Obermayr im Insight Snowsports Magazin an den letzten Interski-Kongress in Bulgarien


Text: Martin Obermayr | Fotos: Martin Stanzel, Interski, Skiresort Pamporovo


Der Interski Kongress findet seit 1951 in regelmäßigen Abstanden statt, seit 1971 alle vier Jahre. Im Frühjahr 2019 reisten dafür 1.100 internationale Teilnehmer ins bulgarische Skigebiet Pamporovo. Das Programm: beeindruckende Demo-Shows, kreative Workshops auf der Piste und im Hörsaal, jede Menge Austausch und – nicht zu vergessen – wirklich feine Partys. Ein ganz persönlich gefärbter Reisebericht.


Interski Bulgarien

Eine Premiere hat immer den Riesenvorteil, dass man keinen Ver- gleich hat, was früher besser oder schlechter war. Genau so ging es mir mit meinem ersten Interski Kongress. Ich wusste zwar, dass sich dort die internationale Gemeinschaft des Ski- und Snowboard-Lehrwesens versammelt, aber wie das Ganze ablaufen sollte, konnte ich nur vermuten. Das Thema lautete jedoch mehr als vielversprechend „Future. Snowsports“.

Und wenn ich jetzt aus einer gewissen Distanz auf die Ereignisse dieser sieben Kongresstage zurückblicke, dann hat der Interski 2019 exakt das erreicht, was sich die Organisatoren vorgenommen hatten: In den Köpfen der Teilnehmer hat die Zukunft des Wintersports einen noch bedeutenderen Stellenwert bekommen. Da geh ich jetzt ganz frech von mir aus und all jenen, mit denen ich gesprochen habe – und das waren nicht wenige.


Was zählt, ist die Begeisterung

Aber zäumen wir das Pferd von hinten auf. Meine Ausbildung zum Landessnowboardlehrer liegt schon ein Vierteljahrhundert zurück und meine Karriere als Schneepädagoge endete vor der Jahrtausendwende. Die Entscheidung fiel damals auf den Journalismus und deshalb war ich in den folgenden Jahren als Berichterstatter im Rennsport unterwegs. Der Kontakt zum Lehrwesen verebbte. Das änderte sich, als Ende 2017 das Angebot für das erste „Insight – Snowsports Magazine“ kam. Seither habe ich wieder bei den Ski- und Snowboardlehrern angedockt.

Der langen Rede kurzer Sinn. Ich war wirklich überrascht, dass ich beim Interski in Pamporovo ein so kreatives und progressives Potenzial an jungen und auch schon arrivierten Menschen traf, die ein gemeinsames Ziel haben: ihren Sport mit Begeisterung und Innovationsfreude in die Welt hinauszutragen. Es war eine mitreißende Stimmung und ich kann nur unterstreichen, was mir Jonathan Ballou als Bilanz mitgegeben hat: „Jeder verlässt diesen Interski mit einem Dutzend lebenslanger Freunde, die ihre Leidenschaft für Schneesport teilen.“


Demo-Team Austria

Volles Programm

Das Programm des Kongresses war dicht gepackt, sodass man täglich Entscheidungen treffen musste, welche Workshops und Vorträge man besuchen wollte. So referierte etwa die ehemalige Snowboard-Weltmeisterin Heidi Neururer aus Österreich über „The Snowsport Instructor as Service Provider & Leader“ – garniert mit vielen Anekdoten aus ihrer Profikarriere und der Hauptbotschaft: „Ein Athlet braucht eine ermutigende Beziehung zu seinem Coach. Genau das gilt auch für den Winter- sportgast und seinen Lehrer.“


Der slowenische Sportuniversitäts-Professor Rado Pišot wiederum forderte einen einfacheren und einheitlichen Europäischen Ski- und Snowboardlehrplan. Die Kernaussage seiner Forschungen: „Skiing is a Game!“ Spannend auch der Zugang von Henrik Steen Jensen aus Dänemark, der seine Präsentation mit einem „Speed-Dating“-Spiel unter den Zuhörern würzte und somit gleich für einen kommunikativen Eisbrecher sorgte. Ebenso abwechslungsreich waren die täglichen Praxis-Workshops auf den Pisten. So traten die ungarischen Instruktoren mit dem durchaus provokativen Thema „Does it help or does it hurt? (Kill it or keep it!)“ auf. Japan verlegte sich auf das Aufbrechen von Grenzen: „The Borderless beginner lessons. The Fun Way!“ Und die USA legten mit „People Skills Fundamentals“ besonderen Wert auf den persönlichen Umgang mit den Gästen.


Die absoluten Highlights waren aber die beiden abendlichen Demo-Shows, wo jede Nation ihr Können vor großem Publikum präsentieren durfte. Ein Spektakel, das mir einmal mehr zeigte, warum der Interski Kongress ein so völkerverbindendes Event ist. Das bewiesen in besonderem Maß etwa die Briten, die demonstrativ eine EU-Flagge zu ihrem Show-Lauf mitbrachten.



Wohin die Reise geht

Fair und respektvoll war auch der Zweikampf der beiden Bewerber für den Interski 2023: Kitzbühel gegen Levi. Wobei die Voraussetzungen unterschiedlicher nicht hätten sein können. Kitzbühel war mit einer 30-köpfigen Delegation nach Pamporovo gereist und hat jenseits einer Million Euro in die Kampagne investiert. So wurde bei der Talstation eine eigene Hütte angemietet, wo es täglich leckere Speisen und Getränke auf Tiroler Art gab. Zudem gab es eine Mega-Party im großen Konferenzsaal mit dem hervorragenden Tyrol Music Project.


Die Kontrahenten aus dem finnischen Resort Levi waren hingegen kaum präsent während der Interski-Woche – außer bei der offiziellen Vorstellung der Bewerbungen am dritten Kongresstag. Dafür war auch die ehemalige Weltcupsiegerin Tanja Poutiainen als prominente Botschafterin auf der Bühne im Einsatz (siehe Interview mit ihr auf Seite 54). Die Entscheidung, wer den Zuschlag bekam, sollte erst zwei Tage später folgen. Es war echt spannend, denn einerseits war klar, dass Kitzbühel alles in die Waagschale geworfen hatte, andererseits sprach Levi als Underdog vor allem die kleineren Verbände an. Bei der geheimen Abstimmung am vorletzten Abend herrschte dann auch wirklich ein elektrisierendes Knistern im großen Konferenzraum. Das Ergebnis fiel ziemlich eindeutig für Levi aus: 22 zu 13 Stimmen.


Es waren letztendlich drei Faktoren, die für die finnische Bewerbung gesprochen haben. Erstens war Levi bereits zum dritten Mal angetreten. Zweitens war der Österreichische Skischulverband (ÖSSV) im Jahr 2015 aus der ISIA (International Ski Instructors Association) ausgetreten. Und drittens hörte man gerade von kleineren Nationen, dass der Auftritt von Kitzbühel wohl um eine Spur zu wuchtig und intensiv für den doch recht familiären Charakter des Events war.


Rein von der Größenordnung hätte aber einiges für den weltberühmten Hahnenkammort Kitzbühel gesprochen, wie Rudi Lapper, Leiter des österreichischen Demo-Teams, betont: „Es wäre natürlich eine Riesenchance für die gesamte Interski-Bewegung gewesen, wenn Kitzbühel das über vier Jahre permanent mitkommuniziert hätte.“ Und das sieht Lapper, der auch Chefausbilder der österreichischen Staatlichen Skilehrer ist, nicht nur patriotisch, sondern das ist halt seine ehrliche Meinung. Für diese Aufrichtigkeit wird er international überaus geschätzt. Ziemlich nüchtern fällt auch Lappers skitechnische Analyse der Demo-Shows aus: „Ich habe mir gedacht, dass wir schon weiter sind. Aber richtig gut fahren nur sechs, sieben Nationen – dahinter klafft eine recht große Lücke.“ Doch genau hier liegt das große Potenzial beim Interski: Dass gerade die kleinen Nationen noch große Schritte nach vorne machen können. In Levi 2023 ergibt sich dafür die nächste Chance. Ich bin dann hoffentlich auch wieder dabei.

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